Es ist unglaublich, wie schnell ich im Alltagstrubel aus dem bewussten Beobachten herausfalle. Das beobachte ich, sobald ich es bemerke.
Spätestens, wenn mich ein unangenehmes Gefühl sehr beutelt,
setze ich mit dem Beobachten ein
– weil es sonst nur immer schmerzhafter wird.
Ich beobachte dann das Gefühl der Angst, der Wut, des Hasses und des Aufbäumens
– schier unaushaltbar zerreissend.
Und ich beobachte, wie ich mich dem entziehen will.
Schnell und subtil produziere ich nämlich Gedanken
wie ich die Umstände manipulieren könnte,
vollziehe Schuldzuweisungen, Beschönigungen, Beschwichtigungen, Ablenkungen
oder lege sofort etwas angeblich Liebevolles darüber,
damit es sich nicht so schlimm anfühlt.
Auch das beobachte ich und sehe,
dass ich mit all dem nur zudecke und nicht wirklich zur Lösung komme.
Also halte ich inne und kehre zurück zum ursprünglichen Gefühl
– ganz pur und nackt.
Ich lasse tatsächlich in mir sein, was gerade vorherrscht.
Ohne Beurteilung.
Ich spüre es ganz und gar, wie es ist,
und auch meinen Impuls, der da raus will.
Spüre einfach nur, beobachte, bin damit,
– ohne tiefer hineinzugehen.
Und plötzlich geschieht eine innere Öffnung.
Sie zeigt sich als ein Erkennen des Gedankens, der zum Schmerz führte.
Dieser ist immer einer der Trennung und des Mangels,
den ich gerade für absolut wahr halte.
Daraus ensteht nun ein liebevolles Verstehen und ein friedvolles Anders-Sehen.
Es gibt dennoch immer wieder Phasen,
in denen die unangenehmen Gedanken und Gefühle intensiver und langanhaltender sind.
Das ist normal,
denn Beobachten bedeutet, alles beobachten – nicht nur die Oberfläche.
Und so zeigen sich nach und nach immer tiefere Schichten
und weitere Facetten meines Festhaltens an Schuld, Angst und Schmerz.
Doch auch zwischen diesen schwierig zu handhabenden Phasen
des Aufbegehrens und der Auswegslosigkeit
entstehen Phasen, in denen sich plötzlich ein tiefster innerer Frieden ergibt,
sobald ich wieder bereit bin, nur zu beobachten
und meine Sicht der Dinge loszulassen.
(Notiert am 26.01.07)