Was vergebe ich eigentlich?

Ich habe lange daran geknabbert, die Kurs-Aussage wirklich zu verstehen, dass wahre Vergebung bedeute, dem anderen zu vergeben, was er NICHT getan hat! (T-30.IV.7:3/S.638 und Ü-II.1.1:1/S.402) Denn ganz augenscheinlich hat er doch etwas getan! Er hat diese Worte gesagt, die mich verletzten, er hat dieses oder jenes getan, was mich ärgerte. Ich war doch dabei, ich habe es doch gehört und gesehen!

Okay, gut, ich kann ja mal, wozu mich der Kurs permanent anleitet, von der Form (den Worten und Handlungen) zurücktreten und mir den eigentlichen Inhalt mit dem Heiligen Geist anschauen: Alles hier in der Welt ist nur ein Ausdruck von Liebe oder ein Ruf nach Liebe! (T-12.I/S.215-218 und T-14.X.7/S.294)

Ja, das kann ich gut nachvollziehen und sofort deute ich die Aktion des anderen anders. Er hat dies nur gesagt und so gehandelt, weil er selbst verzweifelt ist, nach Liebe am falschen Ort sucht – außen anstatt im Innern – ganz genauso wie ich, wenn ich mich von seinen Worten und Handlungen gefühlsmäßig abhängig mache. Darin sind wir uns gleich und ich fühle mich nun schon verbunden mit ihm, kann ihn nicht mehr einfach nur beschuldigen. Und für meine Gefühls-Reaktion kann der andere gar nichts, denn es ist meine Entscheidung, wie ich auf ihn reagiere. Insofern hat er mir gar nichts angetan, sondern ich DEUTE seine Aktion als Angriff und ein Mir-Antun! Wir sind auf dem Weg durch diese Welt einfach nur Gleichgesinnte im Ego und im Heiligen Geist. Ein anderes Verständnis von uns beiden, ein anderer Umgang mit ihm, Frieden in mir kann sich so einstellen und ich höre auf, innerhalb der Welt meine Probleme auf andere zu projizieren… wunderbar, ein sehr guter Schritt… durch meinen Geisteswandel… aber ich sehe uns noch als Zwei.

Ich glaube daher, dass wir den wirklichen Schritt der Kurs-Vergebung letztlich nur unter der Einbeziehung machen können, nicht Personen zu sein, sondern der EINE Geist zu sein, der ALLES selbst projizierte, also die ganze Welt, die eigene und alle Personen und sämtliche Situationen träumte. Denn nur ein Traum ist nicht wahr, hat nicht wirklich real stattgefunden, sondern ist von mir als nichtpersonaler Geist selbst nur erdacht, fantasiert, halluziniert worden. Genau deshalb hat niemand etwas je wirklich getan! Keine einzige Handlung ist Realität! Und es gibt keine Eigenständigkeit von Traumfiguren! Dann macht diese Äußerung “vergeben, was der andere nicht getan hat” noch viel mehr Sinn für mich. Denn so vergebe ich mir als Träumer nur selbst diesen Glauben an den Traum mit all den handelnden Figuren darin, die von mir selbst erdacht wurden. Ich vergebe mir meine Abwendung von meinem wahren Sein in Gott. Dann haben Worte und Handlungen von Personen, die nur Traumfiguren sind, keine Wirkung mehr auf mich als Geist. Sie stören meinen Geistesfrieden nicht, was auch immer sie im Traum “getan” haben, beziehungsweise was ich sie habe “tun” lassen. (T-27-VIII.10/S.590) Deshalb drückt sich nun durch meine vermeintliche Person auch im Traum Liebe und Verbundenheit aus. Es ist alles nur MEIN Ruf nach Liebe, an den ich mich so wieder erinnere und zur Liebe zurückkehre.

Ich vergebe also,
was ein anderer nicht getan hat,
weil es keinen anderen gibt.

Ich vergebe keinem anderen,
sondern immer nur mir selbst.

Vergeben heißt weggeben.
Ich gebe meinen falschen Glauben an die Trennung, Personen und Welt auf
und werde mir so der Geistes-Einheit der Liebe wieder gewahr. (T-3.V.9:1/S.46)

10 Gedanken zu „Was vergebe ich eigentlich?

  1. Liebe Katja , du hast für mich in verständliche Worte gefasst , was Vergebung ist.
    Noch klarer kann ich nun dem nachgehen , ” was ich eigentlich vergebe “….
    lernen möchte zu vergeben.
    Und falls ich es , wie so oft , zu vergessen scheine , kann ich es immer wieder nachlesen 😉 Sehr hilfreich.
    Danke !

    1. Liebe Beatrix,
      das freut mich, dass es dir ebenfalls hilfreich ist. Ich muss es mir immer wieder innehaltend klar machen, wenn ich im Kurs die Worte Wunder, Vergebung, Sühne lese, das sie diesen Geisteswandel bezeichnen und nicht das, was ich landläufig egogetränkt unter diesen Worten verstehe. Es ist so anders, komplett das Gegenteil. Die Umkehrung unseres Denkens braucht immer wieder unsere Achtsamkeit, weil wir so verankert und automatisiert sind im Ego-Denken. Aber auch das neue Denken wird sich so immer mehr einschleifen.

      Wenn du magst, es gibt noch weitere Artikel zu diesen Begriffen in der Kategorie 7. Wichtige Begriffsklärungen. Beim Vollbild eines Beitrages, erscheint oben die Menüleiste des Blogs mit den verschiedenen Kategorien, die du dann wieder anklicken kannst.

      Liebe Grüße an dich, Katja

  2. Wunderbarer Beitrag, liebe Katja! Dieser Schritt, dieser Perspektivwechsel von der Person hin zum Geist, ist das Entscheidende und wirklich Heilsame. Doch obwohl er im Grunde total einfach ist, ist er oft doch schwierig zu bewerkstelligen, denn die Widerstände sind groß. Bis dahin hangeln wir uns mit Halbwahrheiten vorwärts: wir entwickeln Verständnis für den anderen, wir nehmen es nicht mehr persönlich, wir sehen unseren eigenen Anteil, wir sehen nur noch einen “Ruf nach Liebe”. Das alles ist hilfreich, und wir verwenden alles, was für uns hilfreich ist, aber der Kurs will uns noch darüber hinausführen und uns verstehen lassen, dass wir selbst der Träumer und Projizierer sind. Wenn wir das bis in die letzte Faser unseres geistigen Seins erkennen, fallen Ärger, Wut und Angst wie harmlose Brösel von uns ab. 🙂

    1. Danke lieber Tom, für deine klaren Worte. Ja, der Widerstand ist immens, denn er rührt von der Angst vor Gottes Strafe und dass wir am Ende dieses Prozesses die ganze Welt und unsere scheinbare Individualität aufgeben werden. Alles Ich und Wir verschwindet in etwas, was wir nicht beschreiben können und der Kurs Gott und Einheit nennt. Wohin der Kurs uns führen will, ist immens umwälzend und dennoch schon auf dem Weg erleben wir einen inneren Frieden, der uns in der Welt sehr hilft, wobei das eigentliche Ziel des Kurses nicht aus den Augen/dem Geist zu verlieren ist.

  3. Vergebung ist Hinwegsehen über die Täuschungen oder Fatae Morganae der Sinneseindrücke, welche der Kurs als Traum oder Illusion bezeichnet. Was kostet mich dies? Die Identifikation mit dem kleinen selbst, kurz Ego genannt. Ist ganz einfach, aber nicht leicht 🙂
    Die kleine Bereitwilligkeit öffnet die Tür, um Erfahrungen des Wunders zu machen.

    1. Lieber Rodolfo, danke, dass du durch deine Worte es nochmals anders beschrieben hast. Ja, den Sinneseindrücken können wir nicht trauen, sie täuschen uns etwas vor. Sie lassen uns an eine Welt glauben, die sie wahrzunehmen scheinen und sind genauso eine Illusion – gemacht, um scheinbar in der illusionären Welt die Illusion der Welt zu bezeugen. Über sie scheine ich als Körper eine Welt und die Worte und Handlungen der Körper wahrzunehmen. Doch in Wirklichkeit nimmt laut Kurs nicht der Körper eine von ihm unabhängige Welt wahr, sondern alles ist die Wahrnehmung/Projektion des träumenden Geistes. Dieser lässt in sich die Welt erscheinen und Körper mit Sinneseindrücken.
      Ja, es “kostet” mich das Ego und somit die ganze Welt, gewonnen wird die Rückkehr in Gottes Frieden und Glückseligkeit.

    1. Ja, liebe Regina, gehen wir geduldig Schritt um Schritt in dem Tempo, das uns ohne eine Verstärkung der Angst und möglichst liebevoll mit uns selbst und anderen möglich ist…

  4. Liebe Katja,
    vielen Dank für Deine schöne Seite und herzliche Grüße an Euch alle!
    Ich verstehe unter “meiner” Vergebung die Aufhebung der energetischen Ladung meiner Angriffsgedanken. Dazu braucht es meinen Willensakt. (Ich wollte es eigentlich nicht so geschwollen ausdrücken, aber präzise meine ich es genau so.)
    Hóoponopono sieht es übrigens genauso. Das “Problem”, das nach “Lösung” ruft, existiert nur in meinem Kopf … und da kann ich es auch auflösen. Das ist Selbstverantwortung.
    ALOHA
    Roland
    PS: Selber schwebe ich noch längst nicht über den Dingen: Üben, hinfallen, üben …

    1. Lieber Roland, schön, dass du dich auf dieser Seite und unter uns wohl fühlst. Ja, Vergeben ist das Aufgeben aller Angriffsgedanken, die alle auf den einen Angriffsgedanken auf Gott herrühren: der Glaube an eine mögliche Trennung von Gott. Und alle Angriffsgedanken befinden sich nur im eignen Geist, in dem eine andere Wahl getroffen werden kann. Das üben wir alle immer und immer wieder und schauen uns selbst liebevoll dabei zu.
      Liebe Grüße, Katja

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