Die Haltung des Friedens

Ich will heute still alles wahrnehmen,
was mich von der Liebe abhält.
Ich will alle Gedanken und Gefühle ungehindert
durch mich hindurchgehen lassen.

Das war mein Entschluss,
als ich heute früh zur Arbeit ging.

Auf der Arbeit tue ich alles,
was dort getan werden muss
und habe keine Zeit,
konkret an meinen Entschluss zu denken.
Doch ich bemerke eine Fröhlichkeit und Leichtigkeit in mir.
Und wundere mich.

Und jetzt am Nachmittag
erfasst mich unerwartet grundloses Glück
und ein liebevolles Schauen
auf all die Menschen im Eiscafé um mich her.
Da erst fällt mir mein Entschluss wieder ein.

Doch auch am grundlosen Glück und der Liebe
will ich nicht hängenbleiben.
Denn ich will ganz ohne inneren Widerstand sein.
Ich will alles nehmen,
wie es in mir aufkommt
und alles wieder gehen lassen,
wenn es sich verändert.
Denn in dieser ruhigen Haltung
liegt mein ungestörter Frieden.

8 Gedanken zu „Die Haltung des Friedens

  1. Liebe Katja, habe schon lange nichts mehr von mir gegeben. Dein neuer Text ist wunderschön aber irritierend – für mich – zugleich. Du schreibst. “Ich will heute still alles wahrnehmen, was mich von der Liebe abhält”.
    Die Aufmerksamkeit richtet sich nach etwas negativem, nämlich was mich abhält. Wie fühlt sich der erste Teil deines Satzes – solo – an.” Ich will heute still alles wahrnehmen,” Punkt.
    Und auch ein weiterer Satz gegen Ende: “Doch auch am grundlosen Glück und der Liebe will ich nicht hängenbleiben”. Weshalb nicht? (Natürlich sollst du nirgendwo hängen ;-)). Was danach kommt hört sich nach “Kopf” an. Mit diesem Satz erschöpft sich doch, wie ich dich grundsätzlich verstanden habe, alles. Was will ich mehr, als grundlos glücklich und in der Liebe zu sein? DAS ist doch wahres Sein. Alles Liebe für dich.

    1. Lieber Ulrich, vielen Dank für deine Gedanken und es freut mich, das du vorbeischaust, dich zeigst und wie genau du den Text liest und dich damit auseinandersetzt. Gerne kannst du ihn für dich so umformulieren, dass er dir hilfreicher ist.
      Für mich ist der Text zurzeit auf diese Weise stimmig, was sich natürlich auch wieder ändern kann.
      Gerne gehe ich darauf ein, warum ich die Sätze, die dich irritieren, gerade so geschrieben habe.

      Zum ersten Satz: Der Kurs weist immer wieder darauf hin, dass wir das Ego beobachten sollen, denn nur das Ego hält uns vom Wiedererkennen der Liebe, die wir sind, ab. Und das Ego ist durch und durch negativ, auch in seinem scheinbar positiven Mantel von bedingter Liebe, weltbezogener Freude und weltabhängigen Frieden, die sich vordergründig gut anfühlen, aber doch die Trennung bestätigen und bald ins Gegenteil kippen, wenn die Bedingungen für sie schwinden.
      Es geht darum, keine Angst mehr vor dem Ego, keine Angst mehr vor dem Negativen zu haben. Ich kann es benennen und ohne Beschönigung sehen und nur so verliert es die Macht über mich und löst sich schließlich ganz auf. Dann aber ist auch der Traum komplett vorbei, denn ohne Ego, ohne sogenannt Negatives, gibt es keinen Weltentraum mehr.
      Letztlich ist gar das Ego, das Negative, einfach nur Nichts und dem muss ich gar keine Bedeutung mehr geben. Insofern ist es weder negativ noch positiv, es hält mich einfach nur von der Liebe fern, und das will ich wahrnehmen: die Weise, wie ich mich selbst von der Liebe abhalte. Natürlich ist dies auch mit deinem gekürzten Satz möglich. Für mich fühlt sich mein längerer Satz klarer und fokussierter an in Bezug darauf, was ich dir gerade darlegte und worum es mir ging. Das ist vielleicht Geschmackssache.

      Zum grundlos-glücklich-Satz: Ja, das Ziel des Kurses ist die allumfassende Liebe, das grundlose Glück aus uns selbst heraus, das wir wahrhaft sind. Ich verstehe deine Irritation, sie war auch bei mir da, als ich im Café saß und den Text schrieb, der an der Stelle einfach weitergehen wollte. Ich ging dem Impuls nach und verstand dann, dass es darum geht, gar nichts mehr festhalten zu wollen, auch das grundlose Glück und die wahre Liebe nicht, denn nur so bin ich wirklich frei von Angst. Und selbst, wenn sie wieder aus meinem Bewusstsein, mein Erleben schwinden – und das tun sie noch, da ich noch schwanke – kann ich weiter in der Haltung des ruhigen Wahrnehmens bleiben und sehen, wie alles noch immer kommt und geht, aber dass der stille Beobachter bleibt und mir Frieden schenkt. Es klingt vielleicht paradox und doch fühle ich für mich, wie es mich sehr frei macht. In der Vipassana-Meditation nennt man es: in Gleichmut sein, egal, was ist.

      Ich bin interessiert daran, was du zu meinen Ausführungen sagst, die mich jetzt auch nochmals klarer gemacht haben. Vielen Dank dir. Wir müssen ja nicht übereinstimmen, aber es ist schön, den jeweils anderen zu verstehen.

      Sei herzlichst gegrüßt, Katja

  2. Liebe Katja,
    ich kann dir gut folgen in diesen Gedanken der Widerstandslosigkeit. Widerstand ist die tiefere Ursache für Leid, Vermeidung frisst unsere Energien und nährt das Ego. Widerstand macht aus einem Schmerz meinen Schmerz.
    Er zwingt uns, aus der Präsenz zu flüchten, die das einzig Wirkliche ist.
    Und auch dem Festhalten an Liebe oder Glück kann nur ein Ich zugrunde liegen, das bestimmen will, was sein soll und was nicht.

    Liebe Grüße

    Thomas

  3. Liebe Katja,
    danke für Deine hilfreichen Ausführungen, die beleuchten, was ich auch gut kenne: Wenn ich in mir mal eine (kurze) Zeit lang Frieden spüre, bin ich versucht, traurig zu sein, wenn er scheinbar nicht mehr da ist. Ähnlich wie in der Meditation, wenn es endlich mal still ist in meinem Geist. Mir wird durch Deinen Text bewusst, dass da mal wieder das Ego in Aktion ist, das mir suggeriert, ich oder „es“ müsste anders sein – nach dem Motto: „Ich WILL mehr davon“… Und es wirkt dabei sooo spirituell!
    Mir fällt dazu das Jesus-Wort aus dem Thomas-Evangelium ein: „Werdet Vorübergehende.“ Ob das genau das meint: nichts festzuhalten?
    Herzliche Grüße
    Karin

    1. Liebe Karin, vielen Dank für deine Gedanken. Ja, es ist immer das Ego, dass unzufrieden, traurig und mit der Veränderung der Welt und des Befindens beschäftigt ist. Mit dem Heiligen Geist ist einfach Ruhe und Frieden im Geist und nichts muss festgehalten werden. Festhalten ist ein Ausdruck von Angst.
      “Werdet Vorrübergehende” berührt mich gerade sehr, danke dafür. Im Kurssinne erinnert es mich daran, dass ich in Gott verankert bin und in ihm ruhe, während die Welt mit all ihrem Wirbel als Traum in meinem Träumersein an mir vorbeizieht. Und obwohl ich sie als so wahr erlebe, ist sie dennoch nicht mein wahres Zuhause. Es geht also darum, die ganze Welt nicht mehr festzuhalten, was auch alle Begebenheiten und Befindlichkeiten in ihr beinhaltet.
      Liebe Grüße an dich

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